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Schlesien – ein „zehnfach interessantes Land“

Jessica • Juni 22, 2022
Diese Beschreibung Schlesiens stammt von Goethe, der im August 1790 während eines Besuches in der Nähe von Breslau begeistert von Land und Leute war. Was genau Goethe damit jedoch gemeint hat, weiß man nicht, denn zu einer Verarbeitung seiner Schlesischen Reise kam es nie. Doch wo liegt Schlesien überhaupt?

Wechselvolle Geschichte

Als Schlesien wird eine Region in Mitteleuropa bezeichnet, die sich beiderseits des oberen Flusslaufes der Oder sowie im Süden der Sudeten erstreckt. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges liegt der größte Teil Schlesiens heute in Polen. Ein kleiner Teil im Westen gehört heute zu Deutschland und das Hultschiner Ländchen im südlichen Teil von Oberschlesien sowie der größte Teil des früheren Österreichisch-Schlesien liegt heute in Tschechien.

Bereits seit 4.200 v. Chr. war der schlesische Raum besiedelt. Nachweisbar um 500 v. Chr. wanderten Skythen nach Schlesien ein, es folgten Kelten sowie germanische Vandalen. Ab dem 6. Jahrhundert siedelten sich slawische Stämme an. Nach wechselnden Herrschaften zwischen Böhmen und Polen gehörte das Gebiet zu Beginn des 12. Jahrhunderts zu Polen und es bildeten sich eine Vielzahl an schlesischen Herzogtümern. Bedingt durch den Einfall mongolischer Heere im Jahre 1241 wurde die Landschaft verwüstet und die slawische Bevölkerung massiv dezimiert, wurde eine Kampagne zur Ostkolonisation durch deutschen Siedler durchgeführt. So wurden mehr als 100 neue Städte und über 1200 Dörfer nach deutschem Recht gegründet sowie viele Kirchen errichtet. Die verbliebende slawische Bevölkerung passte sich zum großen Teil rechtlich, sozial und sprachlich den deutschen Siedlungen an, die überwiegend aus Ostfranken, Sachsen, dem östlichen Thüringen sowie aus Niederösterreich stammten.

Von Böhmen über Österreich-Ungarn bis Preußen

Von 1335 bis 1526 gehörte Schlesien zu Böhmen, wobei die Unterstellung unter die Lehnsherrschaft des Königs von Böhmen größtenteils freiwillig erfolgte. Lediglich einige wenige Herzöge mussten unter Druck zu einem Wechsel bewegt werden. 1335 gab der polnische König Kazimir der Große dann alle Ansprüche Polens auf die schlesischen Territorien „auf ewige Zeiten“ auf.

Mit dem Tod des böhmischen Königs Ludwig II. kam die böhmische Königswürde an Ferdinand I. aus dem Hause Habsburg, der somit auch Herzog von Schlesien wurde. Die Region entwickelte sich prächtig und war im 17. Jahrhundert das wirtschaftlich wichtigste Gebiet der Habsburger Monarchie. Dies rief natürlich auch andere Monarchen auf den Plan: Am 16.12.1740 überschritt der preußische König Friedrich II. mit 27.000 Soldaten die Grenze zu Schlesien. In drei Kriegen zwischen dem alten Fritz und Maria-Theresia wurde 1763 der Großteil Schlesiens dem Königreich Preußen zugesprochen.

Deutsches Reich (1871-1918)

Schlesien im Ersten und Zweiten Weltkrieg

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges musste das Deutsche Kaiserreich sowie Österreich-Ungarn ihre Teile von Schlesien ganz oder teilweise an die neu entstandenen Staaten Polen und Tschechoslowakei abgeben. Doch durch das Münchener Abkommen kam im Oktober 1938 die von Deutschen besiedelte Region Schlesiens in der Tschechoslowakei als Teil des Sudetengaus zum Deutschen Reich und im September 1939 wurde ein Teil der Schlesischen Region in Polen durch den Einmarsch der Wehrmacht ebenfalls dem Deutschen Reich angegliedert. Bedingt durch die Tatsache, dass Schlesien eine frontferne Lage hatte, wurden viele Menschen aus bombenbedrohten Städten und Regionen des Deutschen Reiches nach Schlesien evakuiert. Doch mit dem Einmarsch der sowjetischen Streitkräfte begann die Zeit der Flucht und Vertreibung. Wie viele von den rund 4,6 Millionen Menschen, die 1939 in Schlesien wohnten, bis 1948 vertrieben (oder getötet) wurden, ist bis heute nicht genau bekannt.

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