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Ahnenforschung in Estland

Jessica • 18. Februar 2024
 Estland, das flächenmäßig kleinste Land der drei Baltischen Staaten, ist bei der Digitalisierung Spitzenreiter in Europa – auch bei der Digitalisierung von Quellen. Für Familienforscher ein wahres Paradies. Und da das heutige Estland eine historisch enge Beziehung zu Deutschland hat (Deutsch war bis weit ins 19. Jahrhundert sogar Amtssprache), sind Vorfahren aus diesem Teil Europas für viele Deutsche keine Seltenheit.

Politischer Machtkampf

Bis ins 12. Jahrhundert war des den Stämmen, die auf dem heutigen Gebiet Estlands siedelten, vergönnt, eine gewisse Unabhängigkeit zu behalten. Nicht nur, dass ihr Siedlungsgebiet schwer zugänglich war, auch waren die Stämme gute Krieger. Doch als im 13. Jahrhundert kaufmännische, kirchliche und staatliche Interessen auch im Baltikum Einzug hielten, begann der Machtkampf. Zunächst blühte der Fernhandel. Kreuzzugbewegungen und deutsche Siedlungsbewegungen folgten. 1346 erwarb der Deutsche Orden große Territorien von Dänemark. Nachdem der Ordensstaat unter den Angriffen von Iwan dem Schrecklichen auseinanderbrachen, unterstellte sich Estland der Obhut von Schweden. Doch nach der schwedischen Niederlage gegen Russland wurde Estland dem Russischen Reich zuerkannt und wurde erst 1918 wieder unabhängig. Diese Phase währte auch noch kurz, denn Stalin setzte 1940 der estnischen Unabhängigkeit ein Ende. Seit 1990 ist Estland unabhängig von Russland.

Alte Karte von Livland, Johannes Portantius, 1573

Digitale Quellen

Estlands Schulen, Museen und Archive sind online und 2023 wurde das fünfjährige Digitalisierungsprojekt für den öffentlichen Zugang zum kulturellen Erbe des Landes erfolgreich abgeschlossen. So sind nun Digitalisate


  • aus den lokalen Ebenen (Gemeindeverwaltungen, Beschreibungen, Schulen, Militär, Volkszählungen, Armenführsorge etc.) von 1860-1920,
  • aus landwirtschaftlichen Zählungen, dem Literaturmuseum, Akten aus dem Stadtarchiv Tallin und dem Postmuseum sowie Sammlungen der Universitäten Tallin und Tartu von 1920-1940 und
  • das Archiv der Universität Tartu mit Personaldaten zu Studierenden und Lehrkräften von 1918-1944



vorhanden. Zwar sind noch nicht alle Dokumente digital nutzbar, es fehlen noch rund 68 % der Museumssammlungen, 40 % des Filmmaterials sowie 62 % des gedruckten Erbes, doch im Vergleich zu anderen Ländern ist Estland ein digitales Paradies für Forschende.

Ahnenforschung

Der wohl wichtigste Einstieg ist die digitalen Quellen Estlands erfolgt über den virtuellen Lesesaal des Estnischen Nationalarchivs. Die Anmeldung ist kostenfrei und bietet gleichzeitig Zugang zum Archiv-Informationssystem und zum digitalisierten Quellenbestand SAAGA. Hier sind beispielsweise Volkszählungen sowie die Kirchenbücher zu finden. Bis 1890 wurden letztere meistens in deutscher Sprache verfasst und sind somit für deutsche Familienforscher leichter zu durchsuchen. Ab 1890 wurden die Einträge in russischer Sprache verfasst. Das Archiv nutzt die KI-gestützte Handschriftenerkennung Transkribus, sodass eine Volltextsuche die Suche im Archiv vereinfacht. Das Nationalarchiv informiert auf ihrer Webseite zudem über andere Quellen wie Datenbanken zu Friedhöfen und Ortsnamen sowie zu Guts- und Herrenhäusern. Darüber hinaus beinhaltet das baltische biografische Lexika Informationen zu baltischen Familien mit zahlreichen Quellen.

Wer tiefer in die Ahnenforschung einsteigen muss oder möchte, kann auch die Estnische Genealogische Gesellschaft kontaktieren.

Quellen: lpb & Computergenealogie 3/2023

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