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Militärgeschichte – Wissenschaftliche Quelle zur Ergänzung der Familienforschung

Jessica • 10. August 2023
Opa erzähl doch mal vom Krieg … Es gibt kaum ein Kind, welches nicht mit Soldaten Schlachten im Kinderzimmer nachstellt und „die Bösen“ vernichtet und kaum ein Kind, welches nicht den Großvater nach seinen Erlebnissen im Krieg gefragt hat. Obwohl Kriege so grausam und schrecklich sind, üben sie eine gewisse Faszination aus. Aus wissenschaftlicher Sicht sind Zeitzeugen des Ersten und Zweiten Weltkrieges ungemein wichtig und durch private Dokumente wie beispielsweise Feldpostbriefe werden die individuellen Geschichten der Soldaten erzählt. Die militärischen Quellen können Familienforschern heute dabei helfen, ungewisse Schicksale auf die Spur zu kommen und verschwundene Personen zu finden – jedenfalls in den Akten.

Eine kurze Geschichte des deutschen Militärs

Aufgrund der Tatsache, dass der deutsche Staat erst am 18.01.1871 als Deutsches Kaiserreich gegründet wurde, war das Militär bis dahin Angelegenheit des jeweiligen Herrscherreiches – mit unterschiedlichem Vorgehen und unterschiedlichen Dokumentationsarten.

Im Heiligen Römischen Reich bestand das Militär auf Offiziersebene ausnahmslos aus Angehörigen der Adelsschicht. Die Mannschaftsdienste wurden aus Söldner zusammengesetzt, die teilweise zum Dienst verpflichtet wurden. Nach den Napoleonischen Kriegen (1799-1815) wurde in allen deutschen Heeren die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, wofür die Gemeinden verpflichtet wurden Verzeichnisse aller männlicher Einwohner im militärpflichtigen Alter zu führen. Der Wehrdienst setzte sich in fast allen deutschen Militäreinheiten aus einer 3-jährigen aktiven Dienstzeit sowie einer 2-jährigen Reservezeit zusammen. Gleichzeitig mit der Einführung des Wehrdienstes wurde außerdem das Privileg des Adels aufgehoben und auch bürgerliche Stände konnten nun in den Militärs als Offiziere Karriere machen.

Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches gab es nur noch 4 Armeen: die preußische Armee, sowie militärische Formationen in den Königreichen Bayern, Sachsen und Württembergs. Alle anderen Kleinstaaten verzichteten auf die Aufstellung eigener Verbände.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verbot der Versailler Vertrag in Deutschland die Mobilmachung, daher wurde offiziell die Rekrutierung sowie der Wehrdienst nicht mehr durchgeführt. Im Geheimen wurde sie aber von der Reichswehr als sogenannte Landesschutzorganisation in kleinerem Maßstab weiter betrieben. 1935 erfolgte die Umbenennung in Deutsche Wehrmacht und die Wehrpflicht wurde wieder eingeführt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die militärischen Verbände in Deutschland aufgelöst, doch bedingt durch den Kalten Krieg kam es zur Wiederbewaffnung: ab 1955 in der Bundeswehr für die Bundesrepublik Deutschland sowie ab 1956 in der Nationalen Volksarmee in der Deutschen Demokratischen Republik. Seit 2011 gibt es keine Wehrpflicht mehr in Deutschland und die Bundeswehr ist seit diesem Zeitpunkt eine Berufsarmee.

Militärische Dokumente

Aus der Zeit des Heiligen Römischen Reiches sind verschiedene Musterungslisten überliefert, die in der Regel in den Landesarchiven einzusehen sind. In der Zeit danach wurden die Verzeichnisse als sogenannte Stammrollen veröffentlicht, welche im Ersten Weltkrieg als Truppenstammrolle bzw. später als Kriegsstammrolle geführt wurde. Darin sind sämtliche Gefechte, Auszeichnungen und Beförderungen der Mannschaften aufgelistet nach Einheiten verzeichnet. Hier waren auch die nächsten Angehörigen aufgeführt, um diese im Todes- oder Verwundungsfall benachrichtigen zu können. Eine vergleichbare Auflistung der Offiziere wurde als Rangliste bezeichnet. Ab 1933 wurden aus Geheimhaltungsgründen keine Ranglisten mehr veröffentlicht, was auch für Deutsche Wehrmacht gilt.

Daneben wurden im Ersten und Zweiten Weltkrieg sogenannte Krankenbücher geführt, in denen Verwundungen und Lazarettaufenthalte verzeichnet sind. Gleichzeitung wurde während des Ersten Weltkrieges Verlustlisten erstellt.

Die Militärkirchenbücher beinhalten sämtliche Ereignisse der Soldaten und ihrer Angehörigen, wozu Eheschließungen und Taufen der Nachkommen gehören.

Viele Unterlagen wurden im April 1945 zerstört, als ein Luftangriff das Hauptarchiv des ehemaligen Preußischen Heeres und der Kaiserlichen Marine in Potsdam fast vollständig vernichtete. Einige Reste wurden von der sowjetischen Armee geboren und befinden sich noch heute in russischen Archiven. Ein Teil wurde 1988 an das Militärarchiv der Deutschen Demokratischen Republik übergeben und sind heute Teil des Militärarchivs in Freiburg bzw. im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin.

Einen guten Überblick bietet das Militär-Portal im GenWiki.

Quelle: Computergenealogie 4/2022

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