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Stolpersteine – Ein Kunstprojekt gegen das Vergessen

Jessica • 5. Juni 2020
Nicht immer fallen sie sofort auf, doch wer genau hinsieht, kann in vielen Städten kleine, im Boden eingelassene Steine entdecken. Ihre Inschrift beginnt meist mit den Worten „Hier wohnte …“. Was 1992 als Kunstprojekt begann, ist auch heute noch eine nicht ganz umstrittene Arbeit des Künstlers Gunter Demnig.
Gunter Demnig, Mai 2012

Wie alles begann

Zum 50. Jahrestag der Deportation von 1.000 Sinti und Roma aus Köln zeigte der Künstler Gunter Demnig am 06.05.1990 mit einem Schriftspurgerät die Wege nach, auf denen die betroffenen Sinti und Roma deportiert wurde. Der sogenannte Auschwitz-Erlass von Heinrich Himmler war als „Generalprobe“ für die Judendeportation gedacht. Demnig erinnerte auch hieran am 50. Jahrestag, in dem er am 16.12.1992 einen mit einer Messingplatte versehenden Stein vor dem Historischen Rathaus in Köln in das Pflaster einließ. In die Messingplatte sind die ersten Worte dieses Erlasses eingraviert. 1993 ließ die Stadt Köln die einstige Farbspur „Mai 1990 – 1.000 Roma und Sinti“ an 22 Stellen in der Stadt in Messing einbetonieren.

Erster Stolperstein vor dem Kölner Rathaus mit dem Deportationsbefehl von Heinrich Himmler (verlegt am 16. Dezember 1992)

In den Folgejahren entwickelte Demnig das Projekt „Stolpersteine“ und dehnte das Projekt auf alle verfolgten Gruppen aus. Es war zunächst ein theoretisches Konzept mit rund 6 Millionen notwendigen Stolpersteinen in ganz Europa anfing, wie der Name Stolperstein letztendlich entstand ist selbst dem Künstler nicht mehr bekannt.  Der Pfarrer der Antonitergemeinde in Köln brachte den Künstler schließlich dazu nicht alle 6 Millionensteine zu verlegen, aber mit ausgewählten zu beginnen.

Die ersten Stolpersteine wurden in Köln und Berlin teilweise ohne behördliche Genehmigung verlegt. Heute sind in rund 1.265 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas Stolpersteine verlegt. Das Kunstprojekt wurde zum weltweit größten dezentralen Mahnmal.

Ein Stolperstein und zwei Denksteine, Berlin

Unterstützer und Kritiker

Jeder kann ein Stolperstein beim Künstler in Auftrag geben und eine Patenschaft übernehmen, solange die Person ein verfolgtes oder ermordetes Opfer der Nationalsozialisten ist. Die Messingplatte wird in Handarbeit hergestellt – für jede Person eine eigene. Denn die Nationalsozialisten machten die Verfolgten zu Nummern, raubten ihnen ihre Persönlichkeit. Mit jeder Gedenktafel soll dies symbolisch wieder rückgängig gemacht werden. Die Steine werden seit Juni 2018 in der Werkstatt des Bildhauers Michael Friedrichs-Friedlaender in Berlin-Buch angefertigt.

Kritiker finden es „unerträglich“ die Namen der ermordeten Regimeopfer auf Tafeln zu lesen, die in den Boden eingelassen sind und auf denen „mit Füßen herumgetreten“ werden. München hat deswegen seit 2018 keine Stolpersteine mehr verlegen lassen, sondern lässt stattdessen Edelstahltafeln in einer Höhe von 1,86 m an den Hausfassaden anbringen, die vom Designer Kilian Strauß entworfen wurden.

Gedenktafel für Emma und Hans Hutzelmann in München-Sendling

Wie man selbst zu dem Kunstprojekt mit historischer Vergangenheit und noch heute aktuellem Themeninhalt steht, muss jeder selbst entscheiden. Fakt ist: Wer mit offenen Augen durch die Städte läuft, kann viel Geschichte und persönliche Lebensschicksale finden.

Quelle: wikipedia und stolpersteine.de

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